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Als Tatia plötzlich wieder in die Wohnung platzte, starrten die Thatchers verwundert zu ihr herüber, bis sie schließlich direkt vor den beiden anhielt. Im ersten Moment noch froh darüber, dass die Schöne Alexander ablenkte und Tylers zweideutige Bemerkung über Katherine im Trubel unterging, stand er nur wenige Sekunde später völlig fassungslos vor einer Katastrophe. Der Ältere erfuhr mit weniger Gnade die Brutalität der Ursprünglichen. Blut strömte aus den Schlitzen, die ihre Fingernägel verursachten. Gewaltsam versuchte Tatia ihm Respekt beizubringen, den Alexander noch keiner Kreatur auf Erden schenkte.
Viel zu überrascht von ihrem Tobsuchtsanfall schienen die Brüder machtlos, selbst als sie dem Allrounder das Genick brach, rührte sich Tyler noch nicht. Er blinzelte den eiskalten Racheengel perplex an. Eine Mischung aus Faszination und Schock spiegelte sich in seinem Gesicht, bevor sie auch schon wieder aus dem Zimmer rauschte. Die Bewusstlosigkeit ihres Opfers hielt nicht lange genug an, um Tatia in Sicherheit zu bringen. Bebend vor Zorn sprang Alex auf, alle Gegenstände, die dem Monster auf der kürzesten Luftlinie zwischen ihm und der Ursprünglichen behinderten, flogen krachend beiseite. Eine wütende Bestie folgte der anderen, der überforderte Vampir über den Gang und das Treppenhaus hinterher in die unterste Wohnung. Die Koffer packende Tatia bereits in Sichtweite, dröhnte das reißende Knurren aller Beteiligten durch den dunklen Raum.
Im letzten Meter bis zu der Schönen überholte Tyler seinen großen Bruder, um sich ihm in den Weg zu stellen. Er konnte Alex nicht in die Augen blicken, welche ihn wahrscheinlich gerade in eben jene Hölle verdammten, der sie entsprangen. Genauso wenig sah er sich imstande beiseite zu gehen und die Frau preiszugeben, die in seinem Rücken Schutz fand. "Ich kann das nicht zulassen, Alex.", winselte der Jüngere entschuldigend, seinem Verrat bewusst. Doch der Gedanke an ihre Schreie, wenn der Allrounder seine Vergeltung üben würde, lastete unermesslich schwer auf Tylers Herzen. "Willst du sie - dann töte mich." Er würde ohne Gegenwehr sterben, wenn der Ältere es verlangte. Diese Lebensschuld hatte der Jüngere längst zu begleichen. Doch solange er noch atmete, würde er Alexander nicht Hand an sie legen lassen. Tyler würde nicht zusehen, wie sie litt.
In einer kurzen Stille wog der Bruch des Blutschwurs zwischen den Brüdern. Statt eine Faust zu spüren, die ihm das Herz rausriss, schlug dem Vampir nur der enttäuschte Blick des Älteren entgegen. Er sah nicht hoch - spürte ihn brennend auf sich liegen. Seine Kehle schnürte sich zu, bis Tyler ein quälendes Gewissen Zwang das Kinn zu heben. Beinahe angewidert machte Alexander kehrt und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus der Wiedervereinigung, während der jüngere Thatcher sich aufgebracht zu Tatia umdrehte.
"Weißt du eigentlich, was du riskiert hast? Vielleicht wollte er dich zu Anfang unterschätzen, aber in Sachen Überheblichkeit steht ihr euch in nichts nach! Er könnte dich ebenso töten! Und er hätte es getan, wäre ich nicht dazwischen gegangen." Vermutlich hätten sie sich gegenseitig in Stücke gerissen, aber einer wäre unter allen Umständen für Tyler verloren gewesen. Also hatte er sich zwischen die Fronten gestellt, bereit an ihrer statt zu sterben, denn die Entscheidung welchem von beiden am Leben zu halten, fiele ihm so schwer, wie der Schmerz um den Erwählten selbst.
Schluckend hielt der Unsterbliche inne, die Augenbrauen nachdenklich zusammen gezogen. Jeden Muskelstrang verspannt, rief er sich Alexanders strafende Miene klar und deutlich vor sein inneres Auge. "Mein Bruder hat jedes Recht, mich dafür zu hassen.", murmelte er mit verstörender Selbstverachtung. Doch als Tyler schließlich aufblickte und die eisblauen Augen einer erkalteten Eisprinzessin vor sich sah, erinnerte er sich wieder an die Gründe des Eingreifens.
"Und erzähl mir bloß nicht -" Der Killer stockte, um einen weiteren Funken Wut aufzuschnappen "- Wage es nicht zu behaupten, es wäre besser, alles zwischen uns zu vergessen! Für wie dumm hältst du mich eigentlich!? Eine Frau wie dich lässt man nicht einfach gehen. Und wenn du ganz ehrlich bist, willst du das auch gar nicht." Worte reichten nicht aus, um Tatia zu überzeugen, sich ihre Gefühle einzugestehen. Sehnsüchtige, innige Gefühle, überschüttet vom blutigen Schutt der Zerstörung. Die Vergangenheit der Ursprünglichen stand zwischen ihnen, doch nicht zuletzt der Konflikt mit dem älteren Thatcher Bruder hatte frische Wunden gerissen, die es schwerlich zu ignorieren galt. Beißende Hürden, wie eine Schlangengrube, durch die Tyler todesmutig marschierte, um die geliebte Eisprinzessin auf seine schützenden Arme zu heben. Ganz der edle Ritter von damals.
Plötzlich griff Tyler sanft in ihr seidiges Haar, die Brünette voller Leidenschaft an seine nackte Brust ziehend. Die Lippen mit den ihren vereint, zwang er Tatia in einen tragischen Kuss. Ihre feuchten Locken schmiegten sich an seine Schultern, während ein Tropfen seiner nassen Haarspitzen ihre Wange gleich einer Träne hinab rollte. Das Antlitz der Geliebten zu Anfang krampfhaft verspannt, lösten sich die Mienen der beiden langsam zu hingebungsvoller Zärtlichkeit. Nach all den wilden Berührungen hatte es noch keinen einzigen wahren Kuss gegeben, der manchmal so viel mehr bedeuten konnte.
Tyler zeigte der Prinzessin eine andere Seite von sich - die seines Herzens, welches er der Schönen für diesem Moment zum ersten Mal in die Hände legte. Ein erwärmender Hauch von Liebe, der ihre Eishülle zum Schmelzen brachte.
zuletzt bearbeitet 15.09.2012 20:19 |
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